Manchmal reicht es nicht, sich nur ein wenig zu verändern – das Leben fordert uns auf, alles hinter uns zu lassen, um völlig neu zu beginnen. Die Metamorphose der Libelle zeigt uns, wie Transformation wirklich aussieht: ein radikaler Wandel, der Mut, Vertrauen und das Verlassen des Vertrauten erfordert. In diesem Beitrag teile ich meine persönliche Geschichte und warum ich glaube, dass wir alle wie Libellen sind – geboren, um Grenzen zu durchbrechen und unser volles Potenzial zu leben.
Als ich 2011, nach der Trennung vom Vater meiner Kinder, in meinem kleinen Apartment in Kalifornien lebte, war der Blick aufs Meer mein Anker. Es war ein Ort der Magie: Abende am Pool mit meinen Kindern, barfuß durch die Sprinkleranlage laufend, Begegnungen mit Waschbären und Eulen. Doch im Herbst 2012 geriet alles in Bewegung. Plötzlich waren da eine erhöhte Miete, endende Unterhaltszahlungen, neue Verantwortung mit Hund und Kindern – und eine Ahnung, dass ich etwas Altes hinter mir lassen musste.
Damals erzählte mir ein Nachbar die Schmetterlings-Metapher: „It thinks it’s going to die, but then it realizes it’s going to fly.“ In diesem Moment wirkte das tröstlich, wie ein Versprechen, dass ich diesen Umbruch überstehen und etwas Schönes entstehen würde. Rückblickend merkte ich jedoch: Die Metapher des Schmetterlings passte nie ganz. Meine Reise war keine bloße Transformation, bei der man bleibt, wo man ist, nur in einer neuen Form. Meine Reise war wie die einer Libelle.
Wenige Monate später kehrte ich mit meinen Jungs und Hund übrigens nach Deutschland zurück und unser Leben änderte sich komplett.
Dieser Beitrag ist gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an das wunderschöne Südkalifornien. Fotos alle aus dieser Zeit…
Warum wir Libellen und keine Schmetterlinge sind
Die Metamorphose der Libelle ist besonders. Als Larve lebt sie unter Wasser, gefangen in einem Element, das sie irgendwann verlassen muss, um in der Luft zu fliegen. Dieser Übergang ist radikal – ein Verlassen des Vertrauten, ein Auftauchen in eine völlig neue Welt. Anders als der Schmetterling, der das Land, über das er einst kroch, später als Schmetterling erkundet, verlässt die Libelle ihr Element vollständig, um sich zu entfalten.
Dieser Wandel ist ein kraftvolles Sinnbild für tiefgreifende Transformationen im Leben. Es zeigt uns, dass es manchmal nicht genügt, sich nur ein wenig zu verändern. Das Leben erfordert gelegentlich, dass wir das Umfeld, die Muster und das Selbstbild, das uns definiert hat, hinter uns lassen – sogar dann, wenn wir später in einer neuen Form zurückkehren können.
Mein Leben war eine Aneinanderreihung diverser Transformationen. Vermutlich habe ich die Metamorphose der Libelle gleich mehrmals hinter mich gebracht. Wirklich „Ich“ geworden bin ich aber erst in den letzten Jahren. Obwohl ich zuvor schon gedacht hatte, an diesem Punkt angekommen zu sein. In meinen Programmen habe ich bei vielen Menschen in den letzten Jahren extreme Verwandlungen miterlebt. Kein Stein blieb auf dem anderen. Sie kletterten hinaus aus dem trüben Wasser, das das Licht nie wirklich in ihr Leben lies und kletterten hinaus in die Welt. Ein bisschen ängstlich und unbeholfen, aber überzeugt davon, den Lebensraum ausserhalb ihrer bisherigen Begrenzung zu erreichen.
Die Phasen der Libellen-Metamorphose als Spiegel unseres persönlichen Wandels
Das Leben unter Wasser: Unsere Begrenzungen erkennen
Als Larve lebt die Libelle unter Wasser, begrenzt von ihrer Umgebung. Auch wir leben oft in solchen „Gewässern“ – festen Routinen, Glaubenssätzen oder Strukturen, die uns zwar Sicherheit geben, uns aber auch festhalten. In dieser Phase erkennen wir oft nicht, dass da mehr ist.
Der Impuls zum Wandel: Der innere Drang zum Ausbruch
Irgendwann spürt die Larve, dass ihre Zeit im Wasser zu Ende geht. Dieser Drang, das Vertraute zu verlassen, ist wie der innere Ruf, den wir in Zeiten des Umbruchs spüren: eine Sehnsucht nach Freiheit, nach mehr.
Der Durchbruch: Der Aufstieg in eine neue Realität
Die Libelle zieht sich an einen Halm, bricht durch die Wasseroberfläche und betritt eine völlig neue Welt. Dieser Übergang ist der schwerste Moment – ein Moment des Loslassens und der Unsicherheit. Wir kennen diesen Punkt in unseren eigenen Transformationen: Der alte Lebensraum zerfällt, und wir müssen uns neu orientieren.
Das Entfalten der Flügel: Das Potenzial leben
Nach dem Durchbruch ruht die Libelle, breitet ihre Flügel aus und wird zu einem Wesen der Luft. Auch wir brauchen diese Phase des Ankommens, des Entfaltens, um unser neues Selbst vollständig zu verkörpern.
Fly, dragonfly!
Die Metamorphose der Libelle erinnert daran, dass echter Change großen Mut verlangt. Im Gegensatz zur Schmetterlingsgeschichte, die oft romantisiert wird, zeigt die Libelle, dass Transformation manchmal bedeutet, die gewohnte Welt hinter sich zu lassen – mit all den vermeintlichen Sicherheiten, die dazugehören. Wir fangen noch mal ganz neu an, in neuem Terrain, außerdem des Lebensraums, der bisher zu uns gehörte.
Im Business ist dieses Verständnis entscheidend. Viele von uns denken, dass Erfolg durch kleine Anpassungen entsteht: eine neue Strategie, ein paar neue Tools. Doch wahre Veränderung – sei es im Unternehmertum oder im Leben – erfordert oft einen radikalen Umbruch: das Verlassen veralteter Denkmuster, Strukturen oder sogar des ganzen Habitats.
Diese Erkenntnisse gelten nicht nur individuell, sondern auch kollektiv. Unser Bildungssystem, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft – alles ruft nach Veränderung. Doch wie bei der Libellen-Transformation erleben wir auch hier zunächst Chaos, Spaltung und Widerstand. Es ist wie bei der Libelle: Der Moment des Auftauchens ist anstrengend, unbequem und oft beängstigend. Doch nur so kann eine neue Perspektive und das Entdecken neuer Möglichkeiten, entstehen.
Für mich ist klar: Es geht seit einer Weile, nicht nur darum, die Matrix zu verlassen, sondern die Matrix aus uns selbst zu entfernen. Wenn wir unsere „Flügel“ entfalten, erkennen wir, dass die Freiheit, die wir suchen, bereits in uns liegt.
Die Metamorphose der Libelle lehrt uns, dass Transformation kein bloßer Wandel innerhalb des Bekannten ist. Es ist ein Verlassen des Alten, ein mutiger Sprung ins Unbekannte und ein Zurückkehren als jemand, der größer, freier und vollständiger ist.
Ob in deinem persönlichen Leben oder in deinem Business – frage dich: Bist du bereit, das (Frucht)-Wasser zu verlassen? Bist du bereit, wirklich zu inkarnieren, als die Person, als die du gedacht warst?
Bist du bereit, zu fliegen?
Wenn du es wagst, wirst du wie die Libelle erkennen: Es war nie nur ein Wandel. Es war dein Erwachen.